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Mufflons schmerzlich vermisst

Wölfe haben das Schaf am Czorneboh beinahe ausgerottet. Nur noch etwa zehn der Tiere leben zwischen Berg und Löbau.

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© Sonja Haase

Von Markus van Appeldorn

Kleindehsa. Mit Wehmut denkt eine Bewohnerin aus Kleindehsa an vergangene Jahre zurück. „Bei Ausritten haben wir im Neudorf von Cunewalde oft die Mufflon-Herde am Waldrand weiden sehen. Das war immer so ein schöner Anblick. Diese wundervollen Tiere.“ Vor wenigen Wochen dagegen wurde die Frau Zeugin einer anderen Szene: „Mitten in Streitfeld lag ein totes Reh. Von einem Wolf gerissen“, sagt sie.

Die Menschen hier haben noch nicht förmlich Angst vorm bösen Wolf. Aber ihr Verständnis für den absoluten Schutz des Räubers und das damit verbundene Jagdverbot ist arg strapaziert. Immer öfter, so beobachten sie, dringt der Wolf in Siedlungen vor. Dieter Wendler, Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft Lawalde beklagt, dass Mufflons in Kleindehsa und Lauba durch die Wölfe mittlerweile beinahe ausgerottet wurden. „In den 1970er Jahren wurden die Mufflons vom damaligen DDR-Staatsforst am Czorneboh angesiedelt“, sagt Wendler. Mit den Jahren habe sich der Mufflonbestand auf rund 150 Tiere etabliert. „Man hat vor einigen Jahren zunächst nicht bemerkt, dass sich auch der Wolf dort etabliert hat“, sagt Dieter Wendler. Er schätzt, dass deswegen mittlerweile nurmehr zehn Mufflons überlebt haben. Vereinzelt seien welche bei Beiersdorf gesichtet worden.

„Man muss regulierend eingreifen“, sagt der Jagdvorsteher. Der Wolf vermehre sich hier ungehemmt und sei eine Bedrohung für die Artenvielfalt. Der Wolfsdruck zeige auch bereits andere wirtschaftliche Schäden. „Um sich vor Wölfen zu schützen, bilden Wildschweine hier mittlerweile viel größere Rotten als früher“, erklärt Wendler. Und diese Großrotten würden in Feldern viel größere Schäden anrichten. „Wenn man die Artenvielfalt erhalten will, darf man nicht eine Tierart total schützen und alle anderen nicht“, sagt er.

Viele Freunde der Wölfe wenden ein, dass das Mufflon hier eigentlich ohnehin nicht heimisch sei. Tatsächlich stammen die Schafe ursprünglich aus Asien. Das will Dr. Adolf With aber nicht gelten lassen. Der Mediziner ist Wolf-Sachverständiger bei Sächsischen Landesjagdverband. „Mufflons sind schon lange in Sachsen. Wir betrachten sie als heimische Art.“ Und wegen des Wolfs müsse man damit rechnen, dass diese heimische Art ausgerottet werde. Die Haltung vieler Jagdgegner hält er für „eine romantische Vorstellung“. Die uns umgebende Kulturlandschaft sei keine Wildnis.“

Dabei sei die Jägerschaft dem Wolf gegenüber keinesfalls feindlich gesonnen. „Der Wolf ist aus unserer Sicht ein zu schützendes Tier“, sagt Dr. Adolf With. Der Wolfsbestand in Sachsen aber sei viel zu hoch. „Wir merken, dass die Menschen in Dörfern Angst haben“, sagt er. In Schweden etwa würden 250 Wölfe leben. Allein in Sachsen dagegen hätten sich 18 Rudel etabliert und zusätzlich einzeln lebende Tiere. „Wir schätzen den Bestand auf rund 300 Tiere“, sagt der Sachverständige. Und diese Tiere würden immer mehr die Scheu vor Menschen verlieren, weil sie lernen, dass vom Mensch keine Bedrohung für sie ausgehe. „Diese Scheu müssen wir den Wölfen wieder geben“, sagt Dr. Adolf With. Nach einer Untersuchung des Senckenberg-Instituts bestehe das Beutespektrum der Wölfe zu 57 Prozent aus Rehen. Aber eben auch Weidevieh. „Der Wolf ist ein Opportunist. Der holt sich, was er am leichtesten erbeuten kann“, sagt der Sachverständige. Wissenschaftlich sei belegt, dass der Wolf längst keine gefährdete Art mehr sei.